Kreise: Israel erwägt einseitige Waffenruhe

Freitag, 16. Januar 2009, 20:06 Uhr
 

Jerusalem/Gaza (Reuters) - Israel erwägt politischen Kreisen zufolge ernsthaft eine einseitige Feuerpause im Gazastreifen.

Ministerpräsident Ehud Olmert wolle am Samstag ein Treffen seines Sicherheitskabinetts einberufen, um darüber zu entscheiden, hieß es am Freitag in israelischen Kreisen. Diese Variante werde von der politischen Führung bevorzugt, statt in eine von Ägypten vermittelte offizielle Waffenruhe mit der radikal-islamischen Hamas einzutreten.

Offenbar erhofft sich Israel durch einen solchen Schritt, keine politische Zugeständnisse an die Hamas machen zu müssen. Ein formeller Waffenstillstand könnte beinhalten, dass Israel seine Blockade des Küstenstreifens aufgeben müsse. Die Hamas könnte dies als politischen Sieg für sich verbuchen.

Zuvor hatten die Hoffnungen auf ein rasches Ende der seit drei Wochen tobenden Kämpfe im Gazastreifen einen Dämpfer erhalten: Die Hamas lehnte die Bedingungen Israels ab. Der in Damaskus im Exil lebende Hamas-Führer Chaled Maschaal nannte bei einem Treffen von Vertretern arabischer und muslimischer Länder in Katar die israelischen Forderungen für einen Waffenstillstand unannehmbar. Ein anderer Hamas-Vertreter kündigte aber für Samstag neue Verhandlungen in Ägypten an.

Israels Außenministerin Zipi Livni unterzeichnete indes ein Abkommen mit den USA zur Verhinderung des Waffenschmuggels in den Gazastreifen, das als eine Voraussetzung für ein Ende der Kämpfe gilt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte, Israel müsse die Kämpfe umgehend einstellen. Mehrere arabische und muslimische Länder warben für eine Verschärfung des diplomatischen Drucks. Mauretanien und Katar setzten ihre politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel aus.

Das in Washington unterzeichnete Abkommen sieht nach Angaben israelischer Regierungsvertreter vor, dass die Nato unter US-Führung gegen Waffenlieferungen in den Gazastreifen vorgeht. US-Außenministerin Condoleezza Rice bezeichnete es als eines der Elemente, die zu einem dauerhaften Waffenstillstand beitragen könnten. Wirksame Maßnahmen gegen die Wiederbewaffnung der Hamas gelten als eine Bedingung für Israel, um den Krieg zu beenden, mit dem es den fortdauernden Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen unterbinden will.

Die Hamas hat einen auf ein Jahr begrenzten Waffenstillstand vorgeschlagen, der verlängert werden kann. Voraussetzung sei, dass sich Israel binnen einer Woche aus dem Küstenstreifen zurückziehe, in dem seit Beginn der Kampfhandlungen Ende 2008 mehr als 1100 Menschen ums Leben gekommen sind. Außerdem verlangt die islamistische Bewegung Garantien, dass Israel die Grenzübergänge in das Gebiet wieder öffnet und auch offen hält, wie es in Kreisen der Hamas hieß. Israel lehnt vor allem die Befristung des Waffenstillstands ab, weil ohne eine dauerhafte Übereinkunft ein Wiederaufflammen der Kämpfe programmiert sei.

In der Nacht zum Freitag hatte Israel 40 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Auch am Tag hielten die Kämpfe dort an, wenn auch weniger heftig als am Vortag. Bei Luftangriffen wurden zwölf Palästinenser getötet, darunter drei Kinder. Aus dem tags zuvor besonders umkämpften Viertel Tel al-Haua bargen Sanitäter während einer Feuerpause 23 Leichen. Die Gesamtzahl der in dem Krieg getöteten Palästinenser gab das Hamas-geführte Gesundheitsministerium mit 1141 an. Nach Armeeangaben trafen mindestens 15 vom Gazastreifen aus abgefeuerte Raketen und Granatensalven Israel; dabei wurden fünf Zivilisten verletzt.