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30. Juli 2008, von Maria Putzhuber

Webseiten Qualidät

Das weiche “d” ist ein absichtlicher Fehler: es geht um den Qualidator, einen kommerziellen Schweizer Qualitätstest für Websites, entwickelt von seven49.net.
Wenn man bei qualidator.com eine URL eingibt, laufen 60-70 automatische Tests über die ersten 5 gefundenen Seiten. Nach einer durchaus erträglichen Wartezeit, verkürzt durch ein klitzekleines animiertes Spürhündchen, bekommt man als Ergebnis Prozentwerte für Usability (Benutzerfreundlichkeit), Accessiblity (Barrierefreiheit), SEO (Suchmaschinenoptimierung) und technische Qualität ausgespuckt.

Die Bewertung in hübschen Prozentbalken ist gratis, auch 1/3 der näheren Hinweise gibt es als Anreiz. 2/3 der auch für Laien ganz gut verständlichen Erläuterungen gibt es bei Registrierung, die Gesamtinformation ist kostenpflichtig. Die Windows Applikation, die mit ca. 30 Tests einen gesamten Webauftritt überprüfen kann, verfolgt den gleichen häppchenweisen Zugang.

Ganz lustig, nett und klug gemacht ist das! Ist es auch brauchbar, wirklich aussagekräftig und qualitätsfördernd?

Absolut zuverlässige Uhrwerkspräzision hat so ein automatisierter Sammeltest natürlich nicht:

Minuspunkte

  • Statistisch sind die Daten des Onlinetests wohl nur bedingt auswertbar, das ambitionierte EIAO meinte immerhin 600 Seiten / Website durchforsten zu müssen für statistisch seriöse Ergebnisse.
  • Nur HTML / CSS und zum Teil JavaScript Code wird geprüft, d.h. also eine ganz unzugänglich programmierte und schlecht benutzbare Flash Site kann gut abschneiden, weil nur ihre HTML Einbettung geprüft wird.
  • Die durchgeführten Tests sind zum Teil sicher hinterfragenswert.
  • Und man kann sie vorallem nicht genau hinterfragen, weil man, trotz der Erläuterungen, nicht so genau weiß, was da eigentlich wie und wie streng bewertet wird und wie die maximalen 3905 Punkte sich verteilen.
  • Wenn man sich die angebotenen Tests der Windows Applikation ansieht, entmystifiziert sich der Qualidator. Vermutlich ist es sogar besser, wenn man nicht so genau weiß, wie trivial schlussendlich automatisiertes Testen ist.
  • Generell haben automatische Bewertungen ihre bekannten Grenzen.

Ernsthafte Evaluierungsfachleute werden also sagen, der Qualidator ist Käse: z.b. Ansger Hein: “Naja, es ist ein lustiges Spielzeug, das für das Ego von Agenturen und Webfuzzis ganz gut geeignet ist.”
Ich hingegen meine, so übel ist der Käse nicht, wenn ich auch als Fachfrau für den Test in der derzeitigen Form nicht bezahlen würde.

Pluspunkte

  • Der Qualidator ist ein gutes Management Tool, einfach in der Handhabung, er liefert übersichtliche, schnell erfassbare und vorallem mit der Konkurrenz vergleichbare Ergebnisse: simpel und cheftauglich.
  • Die Hinweise sind durchaus brauchbar.
  • Auch manuelle Tests müssen sich auf Stichprobenseiten beschränken, der Qualidator will qualitative Tests vorallem auch nicht ersetzen.
  • Der positive, großzügige Ansatz - es gibt kein Durchfallen, nur Optimierungspotential - ist erfrischend.
  • Sympathisch ist vorallem auch, dass der Qualidator so tut, als sei Barrierefreiheit ein allgemein anerkanntes Qualitätskriterium unter anderen, im Gegensatz zu den expliziten Accessiblity Testverfahren und Accessiblity Studien, die Barrierefreiheit als Minderheitenthema zementieren.

“Die durchgeführten Tests sind wissenschaftlich fundiert und basieren insbesondere auf den Standards und Guidelines des World Wide Web Consortiums (W3C), Section 508, ISO-Standards, RFCs, den Guidelines von Jakob Nielsen, diversen Usability-Studien, weiteren internationalen Webstandards und den Google Webmaster Guidelines.”, steht in der Qualidator Website Studie von 1997, PDF, 141kB. Weltweit wurden dafür 100.000 Websites einem Qualidatortest unterzogen.
Die getesteten Websites erreichten durchschnittlich einen Mittelwert von 65.33 Prozent, Österreich wieder einmal etwas drunter. Die am besten bewertete Website erlangte 92.04 Prozent.
Die Analyse der häufigsten Schwachstellen ist durchaus aufschlussreich und die Ergebnisse werden von anderen, auch qualitativen Tests gedeckt.

Wie der Qualidator die Welt sieht

Helfen wir dem Qualidator nun einfach probehalber ein wenig beim Datensammeln:

Zur Abwechlung große Websites von ATX Unternehmen im Vergleich.

Aufs Accessibility Stockerl kommen Wiener Städtische = Vienna Insurance Group, A-Tec Industries und Telekom.
Usability Medaillen gibt es für Post, Telekom und Wienerberger.
Suchmachinen Gurus am Werk waren bei Vienna Airport, Zumtobel und Post.
Alle Ergebnisse ohne Gewähr.

Korrektur: 31.7. Leider musste ich A-Tec Industries den Accessibility Preis wieder wegnehmen. Sie sind nicht mehr im ATX gelistet , sondern spielen nun in der Prime Market Liga (ich hatte die Unternehmensliste ungeprüft aus dem Internetz, wo ja lauter Dinge drin stehen, die schon längst nicht mehr wahr sind).

ATX Unternehmen Qualidator Ergebnisse Juli 2008
Unternehmen Gesamtwertung Accessibility Usability SEO
Post 83,3% 62,7% 84,8% 87,0%
Telekom Austria 79,1% 80,9% 84,1% 70,2%
Vienna Insurance 78,2% 90,6% 78,2% 65,7%
Wienerberger 75,5% 71,3% 80,9% 58,6%
A-Tec Industries 75,3% 82,2% 78,7% 43,4%
Voest Alpine 74,8% 60,4% 76,7% 78,4%
OMV 72,4% 54,0% 70,4% 81,5%
Andritz 70,7% 45,6% 75,1% 70,9%
Verbund Ag 69,2% 73,6% 67,0% 62,3%
Zumtobel 69,1% 49,5% 68,0% 83,6%
BWin 68,8% 60,0% 64,1% 78,0%
Mayr Melnhof Karton 67,1% 45,6% 72,8% 54,9%
Intercell 66,5% 67,0% 69,9% 38,1%
Vienna Airport 66,1% 31,5% 63,9% 92,2%
RHI Ag 65,8% 55,9% 68,2% 44,7%
Strabag 64,2% 56,3% 63,4% 57,8%
Erste Bank 63,8% 49,5% 66,3% 63,9%
EVN 63,7% 49,5% 69,4% 49,2%
Schoeller-Bleckmann 57,9% 49,5% 60,3% 31,0%
Raiffeisen International 57,0% 31,5% 57,9% 52,0%
Palfinger 51,6% 31,5% 52,2% 49,2%

7 Reaktionen zu “Webseiten Qualidät”

  1. Gerald - hyperkontext

    Wie das geht, dass

    -die OMV mit einer URI-Mindestlänge von rund 250 Zeichen auf jeder Seite oder

    -der Flughafen Wien weder Doctype, Description einer Seite, wirre Query-URIs und steinzeitliche Tabellengerüste mit Inline-Styles hat,

    in der SEO-Bewertung so hoch oben sind, lässt mich alleine schon erheblich an der Qualität des Qualidator-Zeugs zweifeln.

    Mehr habe ich mir da jetzt in der Schnelle nicht angesehen, weil der Tag erst in der Mitte und ich noch relativ gut aufgelegt bin ;-)

  2. Thomas

    Sensationelle Auswertung”! Hut ab. Gruss TS

  3. Michael

    Na da liege ich mit meinen 79% Gesamtbewertung ( 82,2 / 84,3 / 50 ) ja gar nicht so schlecht - wobei ich jedoch einige Tipps bzw. Hinweise doch interessant finde…

    …mir wurde der Einsatz von CSS empfohlen - mein WP Theme ist auf CSS aufgebaut

    …ich solle Keywords eintragen - welche Suchmaschine arbeitet heute noch mit Keywords?

    positiv anmerken muss man jedoch, dass die warnungen im gegensatz zu den hinweisen und tipps allesamt berechtigt und sinnvoll sind!

  4. Apolla

    Hab mal eine meiner ersten Seiten ausprobiert und hätte gar nicht gedacht, dass ich so gut abschneide. Super Tipp, danke. Ist zwar etwas kompliziert durchzuarbeiten, denke aber, für jemanden, der kein Profiwissen hat, sind da sicher hilfreiche Infos dabei, die man sich durchdenken sollte. So kann man dann sicherlich gute Ergebnisse erzielen, wenn man sich die Denkanstösse zu Herzen nimmt. Ich werd mir das später jedenfalls sicher noch genauer durchlesen. Vielleicht bekomme ich dann auch gleich noch eine bessere Bewertung ;)

  5. Claudi

    Mein Fazit nach dem Test mit mehreren Webseiten:
    Ein Tool unter vielen die sich im Internet tummeln. Nicht besser und nicht schlechter als andere.
    Positiv werte ich den Verweis auf weiterführende Informationen, falls auf der zu testenden Seite Fehler auftauchen oder Optimierungsbedarf besteht. Dies findet man bei anderen Tools nicht unbedingt.

  6. James

    Sehe das ähnlich wie Claudi. Ein Tool unter vielen, zeigt aber Ansatzpunkte für Verbesserungen auf, wobei ja ein eigenes Bewertungssystem zu Grunde gelegt wird. Bei anderen Tools gibt es folglich andere Vorschläge. Wie so häufig muss man einfach ausprobieren, was eher zu einem Erfolg führt.
    Dem Tool zu folge müssen wir noch an der Usability feilen, na denn…

  7. Langer

    Ich finde das Tool nützlich. Ich konnte mich in wenigen Tagen von rund 84 auf rund 92 Gesamt-Prozente hochwursteln. Dabei habe ich nichts verändert, wovon ich glaube, dass es unseren Besuchern nützt ;-) .
    Viele Hinweise fand ich gut. Weniger gut gefällt mir, dass sich der Qualidator-Bot nicht an die robots.txt und rel=”nofollow” hält. Das kann das Ergebnis mächtig verfälschen. Ein paar Kriterien sind sehr eigentümlich, aber ‘was soll’s.
    Natürlich ist das ein maschineller Test, bei dem sematischer Unsinn und eine grausige Gestaltung durchmarschieren _können_. Da ich für mich selbst etliche solche Tools gebastelt habe, weiß ich dessen Wert jedoch zu schätzen. Eine gute und gut bedienbare Website ist damit noch nicht bewiesen, wie stets.

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