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28. November 2008, von Beate Firlinger

Eine Mütze Barrierefreiheit

Es gibt viele Tage in diesen Tagen. Von A wie dem A-Tag am vergangenen Freitag, den 21.11.2008, der heuer unter dem Motto “Die Zukunft ist heute” stand und zur “Befreiten Barrierefreiheit” ermutigte, zu Liberated Accessibility, wie der Webentwickler Christian Heilmann seine Präsentation betitelte, über die Maria Putzhuber hier im MAIN_blog in ihrem Report zum A-Tag 08 Näheres zu berichten weiß.

Bis B wie dem B-Tag, dem Blue Beanie Day, heute am 28.11.2008, einem symbolischem Interaktionstag für Standards und Accessibility im weltweiten Web, an dem das Tragen von blauen Mützen (englisch: blue beanies) angesagt ist, um für ein zugängliches und benutzerInnenfreundliches Internet ein sichtbares Zeichen zu setzen. Also, alle, die dies tun möchten, schnell blaue Mütze besorgen und auf den Kopf setzen, Lächeln (muss nicht unbedingt sein), Fotos machen, diese mit den Tags “bbd08″ und “bluebeanieday” versehen und sodann öffentlich posten, zum Beispiel auf Flickr in der deutschsprachigen Gruppe zum Blue Beanie Day 2008 und natürlich auch im Pool der internationalen Flickr Group bluebeanieday2008. Dort gibt es übrigens ein geniales Bild mit Mr. Obama zu sehen, betitelt: You know he would!

Schnappschussideen

Der Tag der blauen Mütze wird heuer übrigens bereits zum zweiten Mal begangen. Ins Leben gerufen wurde die Spaßinitiative im Vorjahr, und zwar von AnhängerInnen des amerikanischen Webstandards Vorreiters Jeffrey Zeldman. Auch wir vom MAIN_blog haben uns 2007 am Blue Beanie Day Vienna mit einer kleinen Schnappschussidee an der Aktion beteiligt, bei der wir unter anderen auch (damals noch Staatssekretärin, jetzt dann nicht mehr Bundesministerin) Heidrun Silhavy zum Blue Beanie Fotoshooting baten.

Beate Filringer blaest Kerze auf Torte aus

Und weil auch ich in diesen Tagen Geburtstag habe, spendiere ich diesmal ein Stück meiner Torte dem Blue Beanie Day 2008 zum ersten Jahrestag. Alles Gute!

Paradenbeiträge

Gute sechs Wochen alt ist unsere jüngste Webaktion, die Tab Parade, die das MAIN_Blog gemeinsam mit Robert Lenders Nur ein Blog anlässlich des Internationalen Tags der Tastatur am 15. Oktober starteten und die am 25. November 2008 im Vorfeld des Blue Beanie Days ausrollte. Es war eigentlich nur so eine spontane Idee, bei der es darum ging, zur Abwechslung mal ohne Maus durchs Web zu surfen und darüber zu bloggen, “wie mühsam das Ganze sein kann”, wie es beispielsweise Max Kossatz in seinem Blog Wissen belastet beschreibt, der sich für unsere Parade durch die Parteiseiten im Vergleich tabbte und dazu auch ein Video angefertigt hat.

Banner Tab Parade: 15.10. bis 25.11.2008. GIF, Format: 150 x 150

Ohne groß die Werbetrommel für die Tab Parade zu rühren, freut es uns, dass sich soviele BloggerInnen beteiligt haben, unter ihnen viele Webgestaltungs- und Accessibility-Profis wie Maria Putzhuber, Eva Papst, Kerstin Probiesch, Jana Herwig, Johannes Reiss, Jürgen Liechtenecker, Gerald Brozek, Peter Rozek, Peter Kammerer … So, jetzt habe ich sicher jemanden vergessen. Eine doch erstaunlich lange Liste aller Blogbeiträge findet sich in der Tab Parade Roll hier im MAIN_Blog. Lieben Dank für’s Mittabben an alle in die Runde!

Einen der Beiträge möchte ich noch extra herausgreifen. Es geht dabei um Sylvia Eggers Praxistest von Seniorkom.at, das die Accessibility Fachfrau in ihrem Weblog Sprungmarker für die Tab Parade sehr kritisch unter die Lupe nimmt. Ihr Fazit: Dieses österreichische Webportal für ältere Menschen kann nicht mit optimaler Tastaturnutzung punkten und ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch ambitionierte Preisträger-Projekte alles andere als perfekt gemacht sind. Denn Seniorkom.at erhält dieser Tage immerhin einen e-Inclusion Award, eine Auszeichnung, die im Rahmen der e-Inclusion MinisterInnen-Konferenz der Europäischen Kommission verliehen wird.

e-Inklusionsstrategien

Dieses ministerielle Mega Event, zu dem rund 1.500 TeilnehmerInnen erwartet werden, findet ab kommenden Sonntag, den 30. November, bis zum Dienstag, den 2. Dezember 2008, in Wien statt. Bei der Veranstaltung, die den Abschluss des e-Inclusion Jahres der Europäischen Kommission bildet, sollen Strategien zu den Schwerpunktthemen “Digitale Kompetenzen”, “IKT für ältere Menschen”, “Webzugänglichkeit für Alle” sowie “Wirtschaftliche und globale Aspekte der digitalen Integration” erörtert werden, die dazu beitragen können, dass all “jene vom Ausschluss aus der Informationsgesellschaft betroffenen Gruppen der Gesellschaften in den Mitgliedstaaten integriert werden”.

Da gibt es wohl noch jede Menge zu tun. Das wurde auch beim diesjährigen Internet Summit Austria am 2. Oktober 2008 deutlich, der unter dem Motto “Chancen nutzen - Internet für eine integrative Informationsgesellschaft” von der ISPA, dem Dachverband der österreichischen Internet Service-Anbieter, in Kooperation mit der Abteilung für Medienangelegenheiten des Bundeskanzleramtes veranstaltet wurde und als nationales Vorbereitungsevents auf die e-Inclusion MinisterInnenkonferenz angelegt war. Einer der Gastredner dort war Paul Timmers, der in der EU Kommission die Abteilung “IKT für Integration” leitet.

Paul Timmers

Wie Paul Timmers beim österreichischen Internet Summit sagte, gäbe es “too little progress since Riga“. Er meinte damit, dass im so genannten Riga Prozess der Fortschritt zu langsam sei, um der digitalen Kluft effektiv entgegezuwirken, wie es sich ja im Juni 2006 die MinisterInnen aus 34 europäischen Ländern in der lettischen Hauptstadt Riga vorgenommen hatten. Sie formulierten damals als Ziele der digitalen Integration (”e-Inclusion”) etwa die Halbierung des Rückstands ausgrenzungsgefährdeter Bevölkerungsgruppen bei der Internetnutzung und den barrierefreie Zugang zu allen öffentlichen Webseiten bis zum Jahr 2010.

Derzeit sind, wie eine APA OTS Aussendung des Büros Silhavy vom 2.10.2008 belegt, europaweit aber lediglich 5 Prozent aller öffentlichen Webangebote barrierefrei. Stellt sich die Frage, wie sich die restlichen 95 Prozent bis zum Jahr 2010 aufholen lassen. Ganz zu schweigen von den privaten Websites der Unternehmen, um deren Zugänglichkeit es auch nicht besser bestellt ist. Paul Timmers jedenfalls sagte beim Vorgipfel in Wien: “We have to move faster“. Oder anders gesagt auf gut österreichisch: Anzahn Leute!

Jona

So sieht’s aus. In diesem Sinne also auf zu vielen künftigen Aktionen, zu weiteren A-Tagungen und B-Tagen. Und heute zumindest eine blaue Mütze auf den Kopf! So wie Jona, der Sprössling unserer Kollegin Michaela, noch keine zwei Jahre alt, ein kleiner Lausbub und schon ein angehender Aktivist für Web Accessibility. Denn, wie lautete noch das Motto des A-Tags so schön: Future is now.

3 Reaktionen zu “Eine Mütze Barrierefreiheit”

  1. MAIN_web » Blog Archiv » Säuretest

    [...] musste letzte Woche eine bedenkliche Aufweichung des Blue Beanie Gedankens unter österreichischen Web-Standards UnterstützerInnen feststellen. Auf dem [...]

  2. Beate Firlinger

    Eine kleine Richtigstellung: Seniorkom.at hat eine von 35 Medaillen bei den Europäischen e-Inclusion Awards 2008 gewonnen, die in sieben Kategorien vergeben wurden. Gestern, am 1.12.2008, hat die EU Kommisssion bei einer Abendveranstaltung im Wiener Rathaus die sieben Hauptgewinner der e-Inclusion Awards 2008 bekannt gegeben. In der Kategorie Ageing Well, in der auch Seniorkom.at nominiert war, hat die britische Initiative London Borough of Newham den Hauptpreis gewonnen. Nähere Infos dazu auf der Website:
    http://www.e-inclusionawards.eu

  3. Gerald - hyperkontext

    Manueller Trackback:
    November 2008 im Kontext

    [...] Hierzu gibt es einen schönen Blog-Post von Beate Firlinger (MAIN), der alle diese Events elegant zusammenfasst und wieder den Blick auf die Realität richtet [...]

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